*** 100 Dinge ***

100d kritik
 
Autor: Tom von der Isar
      
Anleitung zum Glücklich sein, In 100 Tagen zum Glück oder Wie das Glück zu Dir kommt. So hätte der Film wohl auch heißen können. Ein Film wie ein Selbsthilfebuch, dass man im Vergleich zum Mathebuch aber gerne liest. Im Gegensatz zu einer Matheaufgabe aber, die man fertig machen kann, ist das mit dem Glück so eine Sache.
 
Nach einer durchzechten Nacht und einem Filmriss, wachen Paul und Anton (gespielt von Matthias Schweighöfer) in komplett leeren Wohnungen auf. Sie haben es wohl bei der Wette letzte Nacht etwas zu weit getrieben. 100 Tage soll das gehen und jeden Tag gibt es eine Sache zurück.
 
Wähle weise, möchte man denken
 
Für viel nachdenken bleibt aber erstmal keine Zeit, wenn du nackt bist. In einer Garage mit 100 Dingen, was nimmt man da nur als erstes mit? Den Cashmere Anzug für das nächste wichtige Meeting, das Handy oder doch lieber einen warmen Mantel? Und jeden Tag gibt es eine Sache, nur eine zurück.
 
 
Das überwachen die StartUp-Mitarbeiter der beiden ganz genau. Der Film ist bis in die kleinste Rolle toll besetzt und jede Figur, auch wenn sie noch so klein, hat ihre wichtigen Auftritte, die nie unnatürlich wirken. Aber keine Angst, wir müssen uns jetzt nicht durch 50 Dinge kämpfen bis zu einem Höhepunkt, denn die hat der Filme viele. Zum Beispiel wenn Anton und Paul bei Pauls Oma sind, bei der beide aufgewachsen sind. Die ist etwas schrullig und schon vergesslich (übrigens sehr toll gespielt von Katharina Thalbach). Sie zeigt uns mit nur wenigen Worten fast unmerklich, wer die beiden Hauptcharaktere eigentlich so sind. Denn Omas Ratschläge und Erfahrungen waren schon immer die besten.
 
Ihr hattet nichts und wart glücklich. Wir haben alles...
 
Oma, fragt Paul weiter, warum sind wir immer nur so kurz glücklich? Gibt es auf solche Fragen überhaupt Antworten..? Und wenn, würde sie uns je reichen?! Genau das macht das Drehbuch so gut, es stellt Dinge in Frage, will aber nicht den Anspruch erheben, alles besser zu wissen oder alles negative zu verteufeln. Florian David Fitz als Regisseur des Ganzen setzt seinen Schwerpunkt lieber auf die Momente die wirklich zählen. Nämlich die, in denen wir Mensch sind. Wann sind wir ganz wir selbst, so pur und dämlich wie es nur geht? Na immer wenn wir auf jemanden treffen, der uns umhaut. Wie Anton, wenn er auf die sehr abgedreht wirkende Lucy trifft. Miriam Stein spielt die mysteriöse Dame von Gegenüber sensibel und vielschichtig, allerdings ist man zuerst leicht irritiert von dieser Figur.
 
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Wer ist sie und vor allem wie? Nur verrückt oder was steckt in ihr. Das klärt sich erst im Laufe des Filmes auf und wirkt rückblickend wie eine tiefe Weisheit. Irgendwie ist es nämlich sie, die Konsum und den Umgang unserer Gesellschaft damit eigentlich erst so richtig in Frage stellt. Zum Beispiel die Frage nach Besitz und was wir brauchen, zum Leben. “Wenn alle Dinge weg sind, wer bin ich dann noch?”. Eine Antwort gibt es nicht und das ist das schöne, wir dürfen selbst entscheiden. Denn diese Art von Gedankenspiel, wird uns nicht abgenommen. Was bedeuten Maschinen heute für uns? Wer ist hier der Boss?
 
Sicher ist diese Frage schon öfter gestellt worden. Aber nie mit so wenig Technik, wie in diesem Film. Ein einziges Handy im Close reicht, um uns die ganze Härte des heutigen Lebens mit ach so schlauen Geräten aufzuzeigen. Sind wir Opfer oder Täter, das fragen wir uns sicher selbst ständig. Wenn wir mal wieder ein schlechtes Beispiel für Kinder oder Freunde sind und nicht die Finger vom Mobiltelefon lassen können.
 
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Fazit
 
Nicht Florian David Fitz als Schauspieler macht den Film so wertvoll, sondern das Drehbuch, das allerdings ebenfalls aus seiner Feder stammt. Man fragt sich, was kann der Mann nicht? Wahrscheinlich genug. Denn so einen bewegenden Film, der einen auch noch lange nach dem Anschauen zum Nachdenken anregt, inszeniert man nicht so leicht, wenn man nur Glück kennt. Zum Glück für uns, denn jeder der auf Filme mit moralischer Botschaft steht, der bekommt hier viel Humor und warme Gefühle serviert.
 
Aber vielleicht sind wir alle wirklich nur weiterhin Neandertaler, nur etwas rasierter und mit (Smart-) Phone in der Hand. Wann wachen wir auf? Jetzt zum Beispiel, Kopf hoch und schönen Tag.
 
 
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