***Barry Seal***

 
bseal kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Aus der Geschichte um einen Piloten, der sowohl für die CIA als auch für das Medellin-Kartell gearbeitet hat, hätte man so einiges machen können. Eine bissige Polit-Satire. Oder eine Gangster-Lebensgeschichte. Oder auch eine Analyse Amerikas während der Reagan-Ära. Nun hat man daraus einen Tom-Cruise-Film gemacht.
 
Ein Tom Cruise - Film
 
John Wayne hat so viele John-Wayne-Filme gemacht, dass er manche Filme tatsächlich zwei oder dreimal gedreht hat. Humphrey Bogart hat so viele Bogart-Filme gemacht, dass sogar seine Partnerinnen teilweise mehrmals die gleiche Rolle gespielt haben. Sylvester Stallone hat so viele Stallone-Filme gemacht, bis er sich irgendwann im Film darüber lustig machen konnte.
 
Aber was ist ein „Tom-Cruise-Film“? Da ist zunächst mal die Hauptfigur. Das ist immer ein extrem sympathischer Typ, der sehr viel lächelt. In den Mission-Impossible-Filmen ist er der härteste Agent einer supergeheimen Regierungsbehörde. Aber wenn er nicht gerade an Drähten hängt oder Hochhäuser erklettert, hat dieser knallharte Typ meistens dieses wirklich tolle Lächeln im Gesicht. In „Barry Seal“ spielt Cruise einen sehr ambivalenten Charakter, einen Gauner der Drogenhändler mit Waffen und ganz Amerika mit Drogen versorgt und immer wieder in Lebensgefahr gerät. Wer mag, darf die Szenen zählen in denen Tom Cruise während des Films nicht lächelt. Die Finger einer Hand sollten dazu reichen.
 
Ach ja, „agil“! In Tom-Cruise-Filmen liefert die Hauptfigur immer tolle Stunts. „Mission-Impossible“ haben wir bereits erwähnt. In „Die Mumie“ kletterte der Held minutenlang durch ein abstürzendes, auseinanderbrechendes Flugzeug. Und wer außer Tom Cruise hat denn jemals in einer John-Grisham-Verfilmung artistisches Talent gezeigt? In seinem neuesten Film bringt der Pilot Barry Seal bereits in der ersten Szene während eines Linienfluges aus purer Langeweile das Flugzeug und die Passagiere in Gefahr. Die Flug-Stunts im weiteren Verlauf des Films sind wirklich sehenswert.
 
 
Die Frauen in Tom-Cruise-Filmen sind meistens um die 30, sehen aber jünger aus. Und zwar egal wie alt der Star selbst ist. In „Mission Impossible 2“ war Tom 38 Jahre alt. Thandie Newton war damals 28, sah aber aus wie 19. In „Mission: Impossible -Rogue Nation“ war Cruise 53 und Rebecca Ferguson sah mit ihren 32 Jahren aus wie 21. Hier haben wir nun Sarah Wright Olsen, die wir unter anderem aus so großartigen Filmen wie „Mädelsabend“ oder „21 & over“ kennen. Sie ist 32 Jahre alt, sieht aber aus als wäre sie deutlich zu jung um in dem Negligé gezeigt zu werden, das sie im Film trägt. Wenn Cruise so weiter macht, spielt Dakota Fanning demnächst seine Ehefrau.
 
Außer Tom Cruise nicht viel zu sehen …
 
Nebenhandlungsstränge oder etwa interessante Nebenfiguren sind in Tom-Cruise-Filmen selten. Klar, er hat in den Mission-Impossible-Filmen sein Team. Aber was bekommen die schon zu tun? Im jüngsten Teil der Serie hat uns Jeremy Renner nur die Handlung erklärt. Das war nett von ihm, wäre aber nicht nötig gewesen. Die Welt von „Barry Seal“ war sicher bevölkert von interessanten, skurrilen, coolen Typen. Im Film bekommen wir davon nicht viel zu sehen.
 
Über Schafer, den CIA-Mitarbeiter der Barry anheuert, erfahren wir bloß wie ehrgeizig er ist. Sonst nichts. Domhnall Gleeson hat in „Ex Machina“ oder „Brooklyn“ gezeigt, dass er längst nicht mehr bloß einer der Weasleys ist. Hier spielt er eine Rolle, die jeder durchschnittlich aussehende Schauspieler genauso gut gespielt hätte.
 
Barrys Frau (Sarah Wright Olsen) ist zunächst eine einfache Hausfrau. Als Barry sie und die Kinder mal um 4 Uhr morgens weckt, weil sie noch vor Sonnenaufgang umziehen müssen, ist sie zunächst ungehalten. Aber als Barry ihr im neuen noch leeren Haus mehrere Geldbündel vor die Füße wirft, ist alles wieder in Ordnung. Für den Rest des Films muss sie gut aussehen und ab und zu etwas Dummes tun.
 
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Die Piloten die für Barrys Fluglinie arbeiten sind so kurz zu sehen, dass man sich weder Namen noch Gesichter merken kann.
 
Der Sheriff der winzigen Kleinstadt in Arkansas, deren Bank für Barrys Bargeld einen neuen Tresorraum bauen muss, hätte eine interessante, witzige Figur werden können. Wir sehen ihn bloß in drei Szenen.
 
Besonders ärgerlich sind die Nebenfiguren die wir südlich des Rio Grande kennenlernen. Latinos sind in diesem Film entweder gierige Drogenhändler oder primitives, feiges Gesindel. Wenn die nicaraguanischen Contras nicht ausgebildet werden wollen, sondern sich, kaum in Amerika angekommen, gleich wieder absetzen, ist das sicher lustig gemeint. Leider sitzt gerade jemand im Weißen Haus, der tatsächlich alle Latinos pauschal genauso sieht.
 
Natürlich gibt es auch ein oder zwei nette Ideen im Film. Wenn die CIA ihre Tarnfirma IAC nennt, ist das witzig. Aber dann doch nicht witzig genug, um den Gag gleich zweimal zu bringen. Die Szene in der Barry einen anderen „Piloten“ im Weißen Haus trifft ist noch die originellste.
 
Auch die Ausstattung des Films ist gut. Naja, abgesehen von den Outfits die Tom-Cruise trägt. Die sind natürlich nicht wirklich typisch für die 70er und frühen 80er. Erinnern wir uns doch bitte nur kurz, wie die Hauptdarsteller in Filmen wie „Good Fellas“, „Boogie Nights“ oder „American Hustle“ rumliefen.
 
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Fazit
 
„Barry Seal“ ist ein Tom-Cruise-Film. Das ist zunächst mal nicht schlimm. Aber Cruise hat bereits in „Rain Man“ und später in „Magnolia“ und zwei oder drei anderen Filmen gezeigt, dass er als Schauspieler mehr drauf hat, als er in den Projekten zeigt die für ihn maßgeschneidert wurden. Ebenso wie der Star selbst, hätte auch die Story um "Barry Seal" mehr hergeben müssen.
 
 
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