***Die Welt der Wunderlichs***

 dwdw kritik
 
Autorin: Angelika Wessbecher
 
Mimi Wunderlich (Katharina Schüttler) ist nicht gerade auf Rosen gebettet, um es mal milde auszudrücken. Sie ist allein erziehende Mutter des kleinen Felix (Ernst Wilhelm Rodriguez), der an ADHS leidet. Eines Tages schließt ihr Sprössling seine Lehrerin in einen Schrank und lässt den Schlüssel verschwinden.
 
Nachdem Mimi deswegen (nicht zum ersten Mal) in die Schule zitiert wird, fliegt sie aus dem Supermarkt, in dem sie arbeitet und fährt mit ihrem Moped auf dem Firmenparkplatz noch einen Kunden (Steffen Groth) über den Haufen.
 
Eine Familie von Psychos Als hätte Mimi nicht schon genug Probleme am Hals, ist ihre übrige Familie ein Panoptikum an psychiatrischen Erkrankungen. Der Vater Walter Wunderlich (Peter Simonischek) ist manisch depressiv und verwettet sein Geld bei Pferderennen. Ihre Mutter Liliane (Hannelore Elsner) verbringt die Tage im Bett und pflegt hingebungsvoll ihre Melancholie. Mimis Schwester (Christiane Paul) ist eine pathologisch gefühllose Geschäftsfrau mit dem Krankheitsbild Borderline.
 
Und dann gibt es da noch Mimis Ex-Mann Johnny (Martin Feifel), einen drogenabhängigen Musiker, der wie ein Double von Keith Richards aussieht und sich herzlich wenig um seine Vaterpflichten schert.

 
Mannheim - Zürich mit Unterbrechung
 
Dani Levys („Alles auf Zucker“) neueste Komödie (Produktion „X Filme Creative Pool“) beginnt atemlos und verliert kaum an Fahrt, während die durchgeknallte Mischpoke darauf besteht, Mimi von Mannheim zu einer Castingshow nach Zürich zu begleiten. Ihr Sohn hatte sie heimlich zu einer Teilnahme angemeldet. Denn Mimis heimliche Leidenschaft ist der Gesang. Die rasante Fahrt wird nur kurz unterbrochen, als Walter Wunderlich wegen seines exzentrischen Verhaltens von der Polizei angehalten wird. Und auch die Show wird, wen wundert es, durch Mimis Anhang jäh gestört.
 
Ein Cocktail von brisanten Themen
 
Damit sind verschiedene Handlungsstränge skizziert. Zum einen stellt der Film laut Dani Levy eine Hommage an allein erziehende Mütter dar. Ihn berührte „die Symbiose zwischen Mutter und Kind, diese starke Verbindung in Kombination mit Abwehrmechanismen und Gefühlen von Schuld“. Mimi gibt ständig ihr Bestes, und muss sich zudem noch um ihren Anhang kümmern, der ihr eigentlich eine Stütze sein sollte. Damit wird eine pervertierte Familiendynamik aufgezeigt, die so überzeichnet wirkt, dass sie an die Grenzen der Glaubwürdigkeit geht.
 
Dani Levy, der auch für das Drehbuch zeichnet, wollte damit auf die zunehmende Zahl von psychischen Erkrankungen in unserer Gesellschaft aufmerksam machen. Die Idee, eine gesamte Familie, mit Ausnahme der Protagonistin, zu Patienten zu erklären ist witzig, erinnert jedoch phasenweise an „Little Miss Sunshine“ und erreicht auch nicht die Qualität von Levys großem Erfolg „Alles auf Zucker“.
 
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Die Castingshow
 
Schließlich kommt mit der Castingshow noch ein Moment von Reality ins Spiel, denn die Besetzung ist mit wirklichen Mitgliedern bestückt: Arabella Kiesbauer, Thomas Anders, Sabrina Setlur und Friedrich Liechtenstein. Levy, der sich einst selbst als Musiker versucht hat, wollte damit seine Vorliebe für dieses Genre zum Ausdruck bringen, ohne dem Zynismus in dieser Branche zu huldigen.
 
Für die packende Filmusik zeichnet Niki Reiser und der wunderbare Titelsong von Mimi „Falling“ wurde von zwei Mitgliedern der Mannheimer Popakademie geschrieben.
 
Spitzenbesetzung
 
Katharina Schüttler (u.a.„Elser – Er hätte die Welt verändert“) meistert als Mimi Wunderlich bravourös den Spagat zwischen Überforderung und drängender Selbstverwirklichung. Ihre starken Momente sind dann, wenn sie sich von ihrer fast schon entnervenden Güte freimacht und ihrer wahren Leidenschaft, dem Gesang, huldigt.
 
Das siebenjährige Filmkind Ernst Wilhelm Rodriguez wurde erst zwei Wochen vor Drehbeginn gefunden. Die Herausforderung für den Regisseur war, aus dem introvertierten Laiendarsteller den zappeligen Felix heraus zu kitzeln und dennoch die innige Verbindung zu seiner Mutter auszuarbeiten.
 
Stark ist Hannelore Elsner (u.a.„Alles auf Zucker“) als exzentrische Mutter, die mit spürbarem Genuss ihre Störung zelebriert. Ihr Gegenpart Peter Simonischek (u.a.„Toni Erdmann“) brilliert als Rampensau, die kein Fettnäpfchen auslässt. Und Christiane Paul (u.a. „Eltern, Väter“) spielt mit viel Mut zur Unsympathie.
 
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Fazit
 
„Die Welt der Wunderlichs ist bei aller Überzeichnung ein sehenswerter Film mit zahlreichen interessanten Denkanstößen, herausragenden Schauspielern und einer mitreißenden Filmmusik.

 
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