*** Enzo und die wundersame Welt der Menschen ***

ouatih kritik

Autor: Walter Hummer
 
Filme mit Hunden als Protagonisten liegen wohl gerade im Trend. Nach „Die unglaublichen Abenteuer von Bella“ und „Bailey – Ein Hund kehrt zurück“ kommt nun der dritte Hundefilm des Jahres in die Kinos. Und da haben wir „Pets 2“ noch gar nicht mitgezählt.
 
Gesten sind alles was ich habe
 
Denny fühlt sich mit seinem Job als Rennfahrer nicht ausgelastet und legt sich spontan einen Welpen zu. Der Golden Retriever bekommt den Namen „Enzo“ und darf Denny sogar zu seinen Rennen begleiten. Und weil sowas in Hollywood gerade schwer angesagt ist, erzählt uns der Hund alles was ihn während seines langen Hundelebens beschäftigt. Das tut er in der Originalfassung mit der Stimme von Kevin Costner. In der deutschen Fassung wird den Job wohl wieder Frank Glaubrecht übernehmen. Das heißt, je nachdem welchen der Stars man lieber hat, kann man sich dann auch vorstellen der Hund hätte die Stimme von Pierce Brosnan, Al Pacino oder Christopher Walken.
 
Ich selbst würde mich nicht als Hundeliebhaber bezeichnen. Gut, ich bin noch nie an einem Hund vorbeigegangen ohne ihn zu begrüßen, egal ob ich den Hund oder den Besitzer kenne. Und ja, ich gehe regelmäßig Umwege, um zufällig Hundeparks durchqueren zu müssen, wo ich dann jeden der anwesenden Hunde begrüße.
 

 
Und meine Vorstellung von Himmel ist, dass ich kein Wort von dem verstehe was Petrus mir zu sagen hat, weil hinter dem Himmelstor schon all meine verstorbenen Hunde auf mich warten und nicht aufhören können, sich zu freuen. Und ja, ich hatte während dieses mittelmäßigen, klebrig-süßen Films mehrmals Tränen in den Augen. Aber das lag sicher nicht daran, dass dieser Film so gut gemacht wäre.
 
Der Film ist überhaupt nicht gut gemacht. Die Handlung liegt ungefähr auf dem Niveau eines durchschnittlichen Fernsehfilms. Mann verliebt sich in Frau. Mann und Frau heiraten. Dann kommt der Schicksalsschlag. Dann kommt die Krise. Aber die Krise kann überwunden werden. So weit so wenig originell. Die Dialoge bestehen fast ausschließlich aus Klischees und Kalendersprüchen. Das nervt bereits wenn die menschlichen Darsteller sprechen. Wenn die Frau ihren Mann, den erfolglosen Rennfahrer, immer wieder erinnert: „Du hast mir versprochen, dass Du nicht aufgibst.“ wird das schnell öde.
 
Wenn allerdings der Hund spricht, wünscht man sich, Garth Stein, der Autor der Romanvorlage, oder Mark Bomback, der Autor des Drehbuchs, hätten sich wenigstens ab und zu etwas Originelles einfallen lassen. Ich habe zwar noch nie einem Hund tatsächlich sprechen gehört, vertraue aber trotzdem darauf, dass jedem von ihnen besseres durch den Kopf geht als Plattitüden wie „Er war ein Rennfahrer, so wie ich ein Hund war.“. Ich hatte mal einen Hund, der nie gelernt hatte, Nahrung die kleiner war als sein Kopf trotzdem zu kauen. Deshalb beherrsche ich seither den Heimlich-Griff bei Hunden. Aber selbst diesem dummen Hund wäre sicher mehr eingefallen als „Manchmal erscheint mir mein Leben so lang und gleichzeitig so kurz gewesen zu sein.“
 
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Es war seine Natur
 
Technisch ist der Film halbwegs kompetent gemacht, bietet aber keine echten Schauwerte. Die Rennsequenzen sind kaum der Rede wert. In ein oder zwei Szenen ist die Bluescreen allzu deutlich zu erkennen. An anderer Stelle wird ein Rennen auch mal bloß erzählt, statt tatsächlich gezeigt zu werden. Regisseur Simon Curtis („Die Frau in Gold“) ist weder ein brillanter Geschichtenerzähler noch ein visionärer Filmkünstler.
 
Curtis wahre Begabung liegt in der Manipulation. Bereits in der allererstes Szene drückt er plump auf die Tränendrüse. Und obwohl das so offensichtlich war, lief mir das Pippi aus beiden Augenwinkeln. Ähnliches sollte ich im Laufe des Films noch mehrmals erleben. Die Schlusssequenz ist einfach nur widerlich zuckersüß. Ich wurde noch nie von einem Ballen rosa Zuckerwatte vergewaltigt (und lege auch keinen Wert darauf, danke). Seit ich das Ende von „Enzo“ gesehen habe, kann ich mir aber ungefähr vorstellen, wie sich das anfühlen muss.
 
Die menschlichen Darsteller versuchen, die Klischees die sie spielen müssen, mit Leben zu füllen. Das gelingt nicht jedem von ihnen. Milo Ventimiglia kennt die eine Hälfte der Bevölkerung aus „Gilmore Girls“ während Männer ihn vielleicht als Sohn von „Rocky Balboa“ gesehen haben. Er verändert seine Darstellung während des ganzen Films kaum. So ist es nur passend, wenn sich auch sein Äußeres nie verändert, obwohl die Handlung zwei Jahrzehnte umspannt.
 
Amanda Seyfried („Mamma Mia“) macht was sie immer macht, wenn Drehbuch und Regie ihr nichts Besseres zu tun geben. Sie verlässt sich darauf, wie hübsch sie aussieht, wenn sie mit ihren riesigen Augen ihren Filmpartner ansieht. Die Talente von Gary Cole („One Hour Photo“) und der großartigen Kathy Baker („Jacknife“) werden sinnlos verschwendet.
 
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Wirklich herausragende Leistungen zeigen nur die Hunde die Enzo in seinen verschiedenen Lebensabschnitten darstellen. Vor allem der Hund der den alten Enzo darstellt, zeigt mit seiner leicht angegrauten Schnauze echten Charakter. Aber jeder der Hundedarsteller leistet auf seine Art gute Arbeit. Tatsächlich kann es keine schlechten Hundedarsteller geben, weil es ja keine schlechten Hunde gibt. Jeder einzelne Hund den man je getroffen hat, ist ein guter Hund. Man braucht einen Hund doch bloß zu fragen, „Wer ist ein guter Hund?“ und schon bekommt man die Antwort.
 
Fazit
 
„The Art of Racing in the Rain“, so der Originaltitel, ist sicher nicht der beste der aktuellen Hundefilme. Die klischeehaften Dialoge und die vorhersehbare Handlung lassen dieses zuckersüße Melodrama teilweise sehr anstrengend werden. Die Hunde sind gut. Aber wie bereits festgestellt, ist jeder Hund ein guter Hund.
 
 
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