***Es***

 
es kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Es gibt tatsächlich mehr als 240 Filme nach Werken von Stephen King. „Es“ von Andy Muschietti ist der seltene Glücksfall einer gelungenen King-Verfilmung.
 
Clowns sind gruselig
 
Der Clown „Pennywise“ ist eine von vielen Manifestationen des puren Bösen, das seit Urzeiten unter der Stadt Derry in Maine lebt. Alle 27 Jahre taucht „Es“ auf, um seine Opfer unter den Armen und Schwachen, den Vernachlässigten und Unbeachteten zu suchen. Vor allem Kinder fallen ihm immer wieder zum Opfer. Bereits in den ersten Minuten des Films sehen wir, wie „Pennywise“ einem kleinen Jungen den Arm abbeißt. Wie der ganze Rest des Films, ist diese Sequenz sicher nicht sehr subtil, aber extrem effektiv gestaltet. Doch nicht nur als Clown, verursacht „Es“ Alpträume. Eine seiner Erscheinungsformen erinnert furchtbar an den Geist aus „Mama“ (ebenfalls von Muschietti inszeniert). Eine andere Verkörperung hat nichts von den Leprakranken wie sie in Filmen wie „Ben Hur“ oder „Königreich der Himmel“ zu sehen waren. In einer besonders gruseligen Szene lernen wir, warum Haare im Abfluss zu vermeiden sind.
 
Kindheit ist Horror
 
Stephen King ist immer dann am besten, wenn er das Erwachsenwerden beschreibt. Die größte Stärke des Films ist nicht der Horror, sondern die Gruppe von Kindern, die sich dem Monster entgegenstellt. Dieser „Club der Loser“ besteht nicht aus Film-Charakteren, sondern aus echten jungen Menschen. Es sind die Szenen von Freundschaft, Trauer, Freude und Schmerz die aus „Es“ mehr als einen Horrorfilm machen. Wenn am Ende des Films auch die Kindheit der Freunde zu Ende geht, ist das ein bittersüßer Abschied. Ort und Zeit Der Drehort wirkt im Film wie die archetypische US-Kleinstadt, die man heute so wohl nur noch im Kino zu sehen bekommt. (Tatsächlich wurde der Film in Kanada gedreht). Die Ausstattung ist fast perfekt. Wer wie ich tatsächlich die 80er Jahre als Teenager erlebt hat, weiß genau: die Frisuren und Klamotten waren viel schlimmer.
 
 
Die Kinder
 
Die jungen Schauspieler, die den „Club der Loser“ darstellen, leisten erstaunliches.
 
Sophia Lillis als Beverly sieht aus und spielt wie die kleine Schwester von Jessica Chastain und Elizabeth Olsen. Sie ist gleichzeitig ein Mädchen und eine starke junge Frau, ein Opfer und eine Kämpferin. Dabei ist sie immer überzeugend.
 
Jaeden Lieberher war bereits in „Midnight Special“ und dem leider kaum beachteten „St. Vincent“ zu sehen. Hier spielt er, Bill, den Anführer des Clubs mit sanfter Kraft.
 
Jeremy Ray Taylor spielt Ben, der wegen seines Gewichts immer wieder gequält wird. Im Film sieht man die Stärke eines Mannes in diesem kräftigen Burschen.
 
Finn Wolfhard ist Richie, ein dürrer Quatschkopf mit Brille. Wenn er jeden seiner unpassenden Scherze immer eines high-five würdig erachtet, ist das witzig. Wenn die Freunde seine erhobene Hand jedes Mal ignorieren, ist das köstlich.
 
Jack Dylan Grazer leidet als Eddie an Allergien und unter seiner Mutter. Wer einen Zwölfjährigen sehen möchte, der wie ein vom Leben enttäuschter Vierzigjähriger wirkt, muss sich diesen Film ansehen.
 
Wyatt Oleff war zuletzt der junge Quill in „Guardians of the Galaxy“. Hier hat er mit einem der schlimmsten Monster des Films zu kämpfen.
 
Chosen Jacobs spielt Mike. Von ihm hätte man gerne mehr gesehen.

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Nicht nur Clowns sind Monster
 
Der Schwede Bill Skarsgård spielt den Clown „Pennywise“. Dieser Clown ist kein Psychopath. Er ist kein Kindermörder. Er ist nicht einfach nur böse. Er ist „das Böse“. Spezialeffekte und Darsteller haben hier ein furchtbares Kunstwerk geschaffen.
 
Aber auch Stephen Bogaert als Beverlys Vater, Molly Atkinson als Eddies Mutter oder Nicholas Hamilton als Schläger Henry Bowers sind auf ihre Art Monster. Gegen Ende des Films wird klar warum die Kinder ihre Angst überwinden und sich dem Bösen so mutig entgegenstellen können: Der tägliche Kampf mit menschlichen Monstern hat sie stark werden lassen.
 
Buch ist Buch und Film ist Film
 
Die besten Filme nach Büchern von Stephen King waren immer auch deshalb erfolgreich, weil die Filmemacher wussten, welche Teile der Vorlage sie wegzulassen und welche sie zu verändern hatten. Es war richtig, James Caan in „Misery“ nicht die Füße abzuhacken. Und sogar King selbst gefällt das Ende der Filmversion von „The Mist“ besser als das der Vorlage. Regiseur Andy Muschietti scheint vor allem bemüht, so viel als möglich von der Vorlage auch auf die Leinwand zu bringen.
 
Regie und Drehbuch zeigen nur wenig eigene Ideen. Die Handlung von den späten 50ern in die späten 80er zu verlegen, soll nur dafür sorgen, dass die Fortsetzung in der Gegenwart spielen kann. Das führt zu merkwürdigen Abweichungen. 1958 ging der Afroamerikaner natürlich nicht auf die gleiche Schule wie die anderen Freunde. Aber 1988 wäre das zum Glück anders gewesen. Und 1988 fuhr auch kein Kind mehr ein Schwinn-Fahrrad.
 
Sonst ist die Regie sehr stimmig, aber auch nicht sehr originell. Wenn die Freunde gerade nicht gegen das Böse kämpfen, erinnert die Inszenierung stark an „Stand by me“, gedreht vor mehr als 30 Jahren nach einer Vorlage von Stephen Dingsbums. Vor allem gegen Ende des Films hätte man auch rigoroser schneiden können. Teilweise hat man den Eindruck, einzelne Szenen zweimal gesehen zu haben.
 
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Fazit
 
„Es“ ist ein gruseliger und doch intelligenter Horrorfilm. „Es“ ist aber auch ein berührendes Drama ums Erwachsenwerden. „Es“ ist kein Meisterwerk. Aber „Es“ macht auf jeden Fall neugierig auf die Rückkehr von „Es“, die im Abspann in Aussicht gestellt wird.
 
 
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