*** Spider-Man: Far From Home ***

sffh kritik

Autor: Walter Hummer
 
Die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft verlässt das Netz … ähm ... Nest und muss sich ohne Hilfe anderer Avengers mit einem raffinierten, gefährlichen Gegner herumschlagen. Vielleicht ist der junge Mann diesen Problemen einfach nicht gewachsen?
 
Far from Homecoming
 
Peter Parker hat große Pläne. Er will erwachsen werden, den Tod seines Mentors überwinden und auf einer Klassenfahrt nach Europa endlich das Herz der schönen MJ erobern. Und dabei will er einfach nur Peter sein und nicht „Spider-Man“. Dumm nur, dass Nick Fury ihn ständig überreden will, ihm und Quentin Beck, einem Helden aus einer Parallelwelt, beim Kampf gegen die weltenzerstörenden „Elemantals“ zu helfen …
 
Mit seinen Auftritten in „Captain America: Civil War“, „Avengers: Infinity War“ und „Avengers: Endgame“ hat sich Tom Holland so schnell und gründlich als neuer „Spider-Man“ etabliert, man vergisst beinahe, dass er den Spinnenmann bisher nur in einem Solofilm dargestellt hat. „Spider-Man: Homecoming“ war, gemessen am Standard anderer Marvel-Filme, ein kleiner, feiner Film. Der junger Peter Parker musste nicht die Welt oder gar das halbe Universum retten, sondern bloß einen Waffendiebstahl verhindern und mit seiner Rolle als Superheld und der Bevormundung durch Tony Stark zurechtkommen. In zweiten Alleingang der menschlichen Spinne sind die Einsätze viel höher und die Maßstäbe sehr viel größer.
 

 
Einstürzende Altbauten
 
Und auch wenn Regisseur John Watts sehr in diesen größeren Maßstäben zu arbeiten weiß, sind sie doch eines der Hauptprobleme des Films. Alles muss größer, spektakulärer und dramatischer sein. Und so geht gleich in der ersten großen Actionsequenz halb Venedig zu Bruch. Das ist alles recht flott und professionell gemacht. Aber irgendwie kommt keine rechte Spannung auf. Ähnliches wiederholt sich auf einem Jahrmarkt in Prag und dann nochmal in nochmal größerem Maßstab in London.
 
Die Szenen in London verdeutlichen das Dilemma des Films wunderbar. Wenn der Bösewicht satellitengesteuerte Drohnen benutzt, um die Welt zu bedrohen, so reicht es den Filmemachern nicht ein paar Dutzend dieser Drohnen zu zeigen. Auch ein paar Hundert sind noch nicht genug. Ich habe keine Ahnung, wie viele Drohnen im fertigen Film zu sehen sind, aber es kommt mir vor als wären es Tausende. Aber was für Weichspüler, Antibabypillen und Motoröl gilt, muss auch für satellitengesteuerte Drohnen gelten: „Viel hilft nicht immer viel“ und „Allzu viel ist ungesund“.
 
So bilden nicht die computergenerierten Kämpfe die Höhepunkte des Films. Zumal die Qualität der Effekte stark schwankend ausgefallen ist. Wirklich eindrucksvoll sind nur die Szenen in denen Peter in einer suggerierten, künstlichen Realität gegen den Bösewicht kämpfen muss, Einige dieser Szenen erinnern an Bilder Salvador Dalis und bilden einen interessanten Kontrast zu den anderen Kampfsequenzen.
 
Does whatever a spider can …
 
„Spider-Man“ war immer einer der witzigsten Superhelden. Und auch der neue Film macht wieder Spaß. Es sind aber vor allem die Nebenfiguren, wie Peters Klassenkameraden, die uns zum Lachen bringen. Der arme Tom Holland hat viel zu wenig Gelegenheit sein geniales Comedy-Timing vorzuführen. Eine Szene in einem Glockenturm in Venedig ist reiner, alberner Slapstick. Aber eben großartiger, perfekt getimter alberner Slapstick.
 
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…. große Verantwortung
 
So wie Peter Parker viele ehrgeizige Pläne hat, so will auch der neue Film viel zu viel in viel zu kurzer Zeit für viel zu viele Leute sein. Die Drehbuchautoren Chris McKenna und Eric Sommers haben ebenso wie Regisseur Watts bereits am Vorgängerfilm mitgearbeitet. Ihr neuer Film soll einerseits ein Drama um einen jungen Mann sein, der seinen Platz im Leben sucht. Andererseits soll er natürlich auch ein globales Actionspektakel sein. Und eine Liebesgeschichte. Und eine High-School-Komödie. Aber das alles funktioniert mal mehr und mal weniger und an einigen Stellen funktioniert es kaum.
 
Wenn der Film nur selten richtig spannend wird, liegt das sicher auch an einem der langweiligsten Bösewichter des Marvel-Universums. Die überraschende Wendung rund um den Schurken ist kein bisschen überraschend. Und so wirkt es doppelt öde, wenn Film mittendrin minutenlang auf der Stelle tritt, um die Vorgeschichte des Gegenspielers zu erklären. Wenn man so eine Vorgeschichte in Rückblenden zeigt, wirkt das selten elegant. Wenn man einen Protagonisten seine Vorgeschichte erzählen lässt, wirkt das nicht sehr filmisch. Warum also wird die Vorgeschichte in diesem Film in Rückblenden gezeigt und gleichzeitig erzählt?
 
Auch wenn Insider-Gags zu Marvel-Filmen dazu gehören, übertreibt dieser Film in dieser Hinsicht. Wenn man am Monogramm auf Peters Koffer erkennen kann, wem das Gepäckstück früher gehört haben muss, ist das nett. Auch die vielen Reminiszenzen an Tony Stark sind zum großen Teil gelungen. Und ja, der Scherz mit dem Schild ist auch halbwegs lustig. Aber wenn am Ende des Films ein alter Bekannter aus den Filmen mit Tobey Maguire auftaucht, ist das ein ziemlich verkrampft wirkender Kniefall vor den Fans.
 
Wo sind die Avengers hin?
 
Tom Holland spielt seinen Part wieder überaus sympathisch. Nicht umsonst ist er der Lieblings-Spider-Man vieler Fans. Leider wird er in diesem Film kaum jemals gefordert.
 
Zendaya („The Greatest Showman“) spielt wieder Peters Angebetete MJ. Sie macht das Beste aus einer Rolle, die leider einfach nicht richtig fertig geschrieben wurde.
 
Jake Gyllenhaal wirkt in der ersten Hälfte des Films aus gutem Grund nicht überzeugend. In der zweiten Hälfte des Films bessert sich das aber leider nicht.
Samuel L. Jackson macht, was Samuel L. Jackson immer macht und was nur Samuel L. Jackson so gut kann. Warum Cobie Smulders schon wieder in der Rolle der bewaffneten Sekretärin zu sehen ist, muss wohl ein Rätsel bleiben.
 
Fazit
 
Dieser Film hat das gleiche Problem wie sein Held. Er will zu viel in zu kurzer Zeit erreichen und will es dabei jedem Recht machen. Natürlich ist der Film unterhaltsam, spannend und witzig. Aber eben leider nicht so unterhaltsam, spannend und witzig wie er sein könnte.
 
 
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