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*** Reminiscence: Die Erinnerung stirbt nie ***

 
dfdh kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Eine „Reminiszenz“ ist es, wenn ein Autor in seinem Werk einen Anklang an ein Werk eines anderen Autors erkennen lässt. Wie nennt man es aber, wenn eine Drehbuchautorin jede Menge „Anklänge“ an jede Menge andere Drehbücher jeder Menge anderer Autoren erkennen lässt?
 
It seems we stood and talked like this before
 
In einer nahen Zukunft stehen weite Teile Miamis unter Wasser. In dieser halbüberfluteten Stadt betreibt Nick Bannister einen Service, der es seinen Kunden erlaubt, jede Erinnerung immer und immer wieder in jedem Detail wieder zu erleben. Eines Tages gibt die geheimnisvolle Mae vor, seine Dienste zu brauchen. Nick verliebt sich in Mae. Dich dann ist sie irgendwann verschwunden. Auf seiner Suche nach ihr, erfährt Nick mehr und mehr über Maes dunkle Vergangenheit. Trotzdem lässt ihn die Erinnerung an diese Frau nicht los …
 
Drehbuchautorin und Regisseurin Lisa Joy hat bisher Drehbücher zu exakt drei Fernsehserien geschrieben, „Pushing Daisies“, „Burn Notice“ und „Westworld“. Und sie hat bisher eine Episode von „Westworld“ inszeniert. Sie hat also genau genommen bisher noch nie einen Film gemacht hat. Aber offensichtlich hat sie in ihrem Leben jede Menge Filme gesehen. In „Reminiscene“ finden sich so viele … nennen wir sie „Reminiszenzen“ an andere, sehr viel bessere Filme, wollte man sie aufzählen, könnte man sie runterrattern, wie Mark Wahlberg in „Ted“ die möglichen Namen von Teds Freundin runtergerattert hat oder man könnte sie aufzählen wie Forrest Gumps Freund Bubba alle Rezepte für Shrimps aufgezählt hat.
 
 
Hier nur die wichtigsten Filme, an die man erinnert wird, während man „Reminiscence“ sieht: Blade Runner, Der Pate, Hunger Games, Strange Days, Die Insel, Die Spur des Falken, Tote schlafen fest, Inception, Goldenes Gift, Gegen jede Chance, Vanilla Sky, Chinatown, Elysium, Die fabelhaften Baker Boys, Logan, Constantine, Der Höllentrip, Die Liebe eines Detektivs, Minority Report, Matrix, Matrix 2, Matrix 3 und so weiter und so fort. Kein Scherz, in diesem Film finden sich sogar deutliche … ähm … Anklänge an „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“. Und damit nicht genug, man wird sogar an furchtbare Filme wie „Waterworld“ oder „Highlander 2“ erinnert.
 
Und mithilfe all dieser Reminiszenzen erzählt uns Lisa Joy eine Geschichte, wie wir sie alleine in Filmen aus den 1940er-Jahren ein paar Hundert Male so oder so ähnlich gesehen haben. Diese Geschichte „formelhaft“ zu nennen, wäre untertrieben. Lisa Joy hat einfach bloß die pure Formel verfilmt. Und das nicht einmal besonders gut. Joy ist eine bestenfalls passable Regisseurin. Die Bilder des halbversunkenen Miami sehen nie wirklich eindrucksvoll aus. Im Film haben sich alle geschäftlichen und sozialen Aktivitäten in die Nacht verlagert, weil es am Tag mittlerweile zu heiß sein soll. In den wenigen Tageslichtszenen wirkt das aber kein bisschen so.
 
Miami hat längst ein tropisches Monsunklima. In der dystopischen Zukunft sollte es noch heißer und feuchter sein. Trotzdem sieht man im Verlauf des Films niemanden schwitzen. Hugh Jackman läuft den größten Teil des Films in einem langen dunklen Mantel durchs Bild, dafür darf die arme Rebecca Ferguson kaum jemals eine vernünftige Menge Stoff am Leibe tragen. Im Vergleich zu dem Kleid, das Ferguson in ihrer ersten Szene trägt, war das Outfit von Jessica Rabbit bis oben zugeknöpft.
 
Die Actionszenen sind unübersichtlich und ergeben wenig Sinn. In einer Szene ertrinkt eine Figur fast, kann aber danach so lautlos hinter dem Rücken eines Killers auftauchen, dass dieser nichts davon bemerkt. Am schlimmsten fällt aber die Gestaltung der Erinnerungsszenen aus. Sämtliche Figuren sehen sich selbst in ihren eigenen Erinnerungen aus der Person eines unbeteiligten Beobachters. Nur in seltenen Ausnahmen sind Erinnerungen aus der Perspektive der Person zu sehen, die sich gerade erinnert. Wir alle wissen, dass Lisa Joy Katherine Bigelows Meisterwerk „Strange Days“ mehrmals gesehen hat. Warum hat sie denn dann nicht besser aufgepasst?
 
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But I can't remember where or when
 
Wenn der Film halbwegs erträglich wird, dann nur wegen der Besetzung. Hier eine Liste der Filme, in denen Hugh Jackman bereits eine Variation seiner Figur in „Reminiscence“ gespielt hat: „Passwort: Swordfisch“, „Van Helsing“, „Real Steel“, „Eddie the Eagle“, „Logan“ und praktisch alle „X-Men“-Filme. Jackman weiß also, was er zu tun hat. Und das sieht man.
 
Rebecca Ferguson ist seit ein paar Jahren die zweite Darstellerin neben Eva Green, die jeden noch so misslungenen Film durch ihre atemberaubende Ausstrahlung aufwertet. Hier eine Liste von Filmen, an denen die Mitwirkung von Rebecca Ferguson das einzig Interessante war: „Schneemann“, „Wenn Du König wärst“, „Men in Black: International“ und „Doctor Sleep“. Mir ist jetzt schon fast egal, wie „Dune“ und die nächsten beiden Teile von „Mission: Impossible“ ausfallen werden. Ein Film, in dem Rebecca Ferguson mitspielt, kann nicht komplett schlecht sein. Und so wertet sie auch „Reminiscence“ auf.
 
Cliff Curtis ist dieser stets verlässliche Nebendarsteller, dessen Namen niemand kennt und von dem niemand weiß, dass er aus Neuseeland stammt, weil er bisher unter anderem folgende Ethnien gespielt hat: Araber („Three Kings“, „Insider“, „The Majestic“, … ), Latino („Blow“, „Training Day“, „Collateral Damage“, „Colombiana“, …), Inder („Noch Tausend Worte“, …) und Samoaner („Hobbs & Shaw“). Und dabei hat er immer hervorragende Leistungen gezeigt. Curtis war sogar ein überzeugender Steinzeitmensch, im furchtbaren „10.000 B.C.“ von Roland Emmerich. Und auch in „Reminiscence“ liefert er wieder eine solide Leistung als skrupelloser Killer ab.
 
Seit „Mission: Impossible 2“ hat Thandiwe Newton klischeehafte Nebenrollen in Filmen wie „Riddick“, „Das Streben nach Glück“, „Norbit“, „Run, Fatboy, Run“ und „2012“ gespielt, bevor sie vor drei Jahren eine der klischeehaftesten Nebenrollen der Filmgeschichte in „Solo – A Star Wars Story“ spielen durfte. Und auch wenn man es nicht für möglich halten will, ihre Nebenrolle in „Reminiscence“ ist noch ein bisschen klischeehafter als die in „Solo“. Trotzdem schlägt Newton sich wacker.
 
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Wenn diese vier begabten Schauspielerinnen und Schauspieler ihre klischeehaften Figuren durch die lächerliche Handlung treiben, so erinnert das an die Zugabe des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker. Jahr für Jahr besteht diese Zugabe aus dem „Radetzky-Marsch“, einem Marsch der so simpel ist, dass ihn jede noch so miese Blaskapelle in jedem noch entlegenen Winkel der alten Donaumonarchie spielen konnte. Ein paar Blechblasinstrumente und eine Trommel, viel mehr brauchte man nicht, um ein halbwegs erkennbares „datadam datadam datadam damdam“ erklingen zu lassen. Und Jahr für spielen nun die besten Orchestermusiker der Welt eine der simpelsten Melodien, die sich ein Mitglied Strauß-Dynastie je ausgedacht hat.
Die Wiener Symphoniker hatten aber immer Dirigenten wie Herbert von Karajan, Claudio Abbado oder Lorin Maazel. Lisa Joys Fähigkeiten als Regisseurin bewegen sich leider nicht einmal in der Nähe der Fähigkeiten dieser Männer als Dirigenten. Und deshalb sind alle Bemühungen der überdurchschnittlichen Besetzung leider vergebens. „Reminiscence“ bleibt ein unterdurchschnittlicher Film.

Fazit
 
Jede Menge Reminiszenzen lassen diesen Film vor allem unoriginell und vorhersehbar wirken. Da hilft auch die hervorragende Besetzung nicht mehr viel.
 
 
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