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*** Stillwater: Gegen jeden Verdacht ***

 
dfdh kritik
 
Autor: Christopher Diekhaus
 
Matt Damon im Liam-Neeson-Modus? Diesen Eindruck könnte man gewinnen, wenn man die Prämisse des Films „Stillwater – Gegen jeden Verdacht“ betrachtet. Tatsächlich geht es in Tom McCarthys Thriller-Drama, in dem ein Vater die Unschuld seiner in Frankreich inhaftierten Tochter beweisen will, aber deutlich gemäßigter zu.
 
Spurensuche in Marseille
 
In den ersten Minuten lernen wir den Ölbohrarbeiter Bill Baker (als zupackender Normalo treffend besetzt: Matt Damon) als einen bodenständigen Menschen kennen, der in der titelgebenden Kleinstadt in Oklahoma irgendwie versucht, über die Runden zu kommen. Konnte er sich früher beruflich nicht beklagen, ist es inzwischen fast unmöglich, eine feste Anstellung zu finden. Gerade als man das Gefühl hat, der Film wolle in die Nöte und Sorgen der einfachen Leute im Herzen der USA eintauchen, nimmt „Stillwater – Gegen jeden Verdacht“ einen überraschenden Richtungswechsel vor. Bill bucht einen Flug nach Marseille und wird in seinem Hotel wie ein alter Bekannter begrüßt.
 
Den Grund dafür erfahren wir nur wenig später: Seine Tochter Allison (Abigail Breslin), die es einst zum Studieren in die französische Hafenstadt zog, sitzt dort seit fünf Jahren im Knast, weil sie ihre Mitbewohnerin und Liebhaberin Lina ermordet haben soll. Bei ihrem Wiedersehen im Gefängnis bittet die junge Frau ihren Vater, einen Brief an ihre Anwältin Leparq (Anne Le Ny) weiterzureichen. Denn neu aufgetauchte Indizien könnten endlich ihre Unschuld beweisen. Die Strafverteidigerin erstickt jedoch alle Hoffnungen im Keim, was Bill Allison verheimlicht. In seiner Enttäuschung beschließt er, auf eigene Faust zu ermitteln, und bekommt tatkräftige Unterstützung von der Theaterschauspielerin Virginie (Camille Cottin), die mit ihrer kleinen Tochter Maya (Lilou Siauvaud) zusammenlebt.
 
 
Wem der Inhaltsabriss entfernt vertraut vorkommt, liegt nicht verkehrt. „Stillwater – Gegen jeden Verdacht“ ist – so ließ Regisseur und Ko-Drehbuchautor Tom McCarthy („Spotlight“) in einigen Interviews durchblicken – inspiriert von der Geschichte der US-Amerikanerin Amanda Knox, die Ende 2007 nach dem Auffinden der Leiche ihrer WG-Genossin Meredith Kercher im italienischen Perugia weltweit in die Schlagzeilen geriet. Zunächst für das brutale Verbrechen verurteilt, saß sie mehrere Jahre hinter Gittern, wurde 2015 dann aber nach einem langen juristischen Hin und Her in letzter Instanz freigesprochen. Knox selbst zeigte sich über das Filmprojekt verärgert.
 
Zum einen, da die Macher im Vorfeld nicht den Kontakt zu ihr gesucht hätten. Zum anderen, da ihr Name und ihre Erfahrungen einmal mehr zu Unterhaltungszwecken ausgeschlachtet würden. Auch wenn sich McCarthys neue Regiearbeit weit genug von den Ereignissen im Kercher-Fall entfernt und in erster Linie die Wahrheitssuche einer verzweifelten Vaterfigur beschreibt, sind Knox‘ Einwände nicht aus der Luft gegriffen. Immerhin nutzten die Verantwortlichen ihren Namen und ihre Erfahrungen mehrfach in der Bewerbung ihrer Produktion.
 
Platz für Alltagsbeobachtungen
 
Spannend ist das Thriller-Drama vor allem wegen seines hochgradig ambivalenten Protagonisten. Bill mag ein gläubiger Mensch sein, der vor jedem Essen betet. Schon früh erfahren wir allerdings, dass er einiges in seinem Leben verbockt hat. Die Beziehung zu Allison ist vor ihrem Aufbruch nach Frankreich belastet. Auch Suchtprobleme kommen zur Sprache. Wahrscheinlich sind es gerade die Versäumnisse und Fehler der Vergangenheit, die nun Bills Nachforschungen befeuern. Sein Vorgehen wirkt teilweise typisch amerikanisch.
 
01 ©2021 Universal Pictures02 ©2021 Universal Pictures03 ©2021 Universal Pictures04 ©2021 Universal Pictures
 
Pragmatisch und schnell sollen Lösungen her, wobei er sich keine große Mühe gibt, das fremde Umfeld, in dem er sich bewegt, wirklich zu verstehen. Ohne Virginie und ihre Sprachkenntnisse wäre er jedenfalls hoffnungslos aufgeschmissen. Dennoch riskiert er einen Bruch, als er blindlings bereit ist, mit einem rassistischen Zeugen zu sprechen, der einfach irgendeinen jungen Araber als Täter benennen will. Bei allem Verständnis für Bills Verzweiflung spricht Virginie dem Zuschauer mit ihrem Wutausbruch an dieser Stelle aus der Seele.
 
„Stillwater – Gegen jeden Verdacht“ verweigert sich lange Zeit dem über der Handlung schwebenden Eskalationsmuster, das man aus den Selbstjustizreißern Liam Neesons kennt, und blickt im Mittelteil regelmäßig auf das stetig wachsende Vertrauen zwischen Bill, Virginie und Maya. Um die wohl dosierten Spannungsszenen sind zahlreiche ruhige Momente und Alltagsbeobachtungen gebaut, die dem Film einen emotionalen Anstrich verleihen. Auf eine romantische Verwicklung, die arg behauptet bleibt, hätte man trotzdem besser verzichtet. Schön wäre es hingegen gewesen, wenn man die Eigenheiten des Schauplatzes noch etwas stärker spüren könnte. Im Dialog fällt mehrmals der Hinweis, Marseille sei ein spezielles Pflaster. Was genau damit gemeint ist, machen Drehbuch und Inszenierung aber nur bedingt erfahrbar.
 
Ein Lob verdienen sich McCarthy und seine Mitschreiber dafür, dass sie sich nicht zu einem klassischen Hollywood-Ende hinreißen lassen, sondern die Erzählung mit einer ambivalenten, ein leicht mulmiges Gefühl erzeugenden Note beschließen. Der Weg zu den nachdenklich stimmenden finalen Bildern ist jedoch gepflastert mit einigen überhasteten Wendungen und einem Zufall, den vielleicht nicht jeder Zuschauer schlucken will. Die feine Balance des zweiten Aktes geht hier zweifellos ein Stück weit verloren.
 
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Fazit
 
Der Kampf eines Vaters um die Freiheit seiner Tochter lebt von der zwiespältigen Zeichnung des Protagonisten, baut nach einem größtenteils gelungenen Mittelteil aber dramaturgisch ab.
 
 
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