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Kritik: Wish

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Autor: Walter Hummer
 
„Wish“ ist der 62. Animationsspielfilm in der Hundertjährigen Geschichte der Disney-Studios. Wie viel Neues kann dieser Film noch bieten?
 
At All Costs
 
Im Königreich Rosas kann König Magnifico Wünsche erfüllen. Nur er allein entscheidet, welche Wünsche erfüllt werden. Den meisten seiner Bürger nimmt er die Wünsche aber nur ab. Denn wenn der vorsichtige König nur die allergeringste Gefahr für Leid oder Ungemach in einem Wunsch zu erkennen glaubt, wird der Wunsch nicht erfüllt. Weil die Bürger aber keinerlei Erinnerung an ihre Wünsche behalten, sind trotzdem alle glücklich und zufrieden. Bis die siebzehnjährige Asha einen eigenen Wunsch wahr werden lässt ...
 
Im Jahre 1923 wurden die „Disney Brothers Cartoon Studios“ gegründet. 100 Jahre später gehört die Firma unter dem Namen „Walt Disney Company“ weltweit zu den fünf größten Medienkonzernen und den vierzig größten Unternehmen überhaupt. Zwischendrin, 1973 kam ein Knabe zur Welt, der fast aber nur fast, den gleichen Vornamen wie der Gründer des Disney-Konzerns tragen sollte. 50 Jahre später gehört der Mann zu den 25 beliebtesten Kritikern bei fantasticmovies.de.
 
 
Weil der Hundertste Geburtstag der „Walt Disney Company“ ein beinahe ebenso guter Grund zum Feiern ist wie mein Fünfzigster und weil der erste von vielen Filmen, die ich im Kino gesehen habe, entweder Disneys „Bambi“ oder „Schneewittchen“ war (ich weiß bloß noch, dass ich Angst hatte, aber bald wieder ins Kino wollte), möchte ich unseren Leser*innen heute etwas Besonderes bieten.
 
Bei meinem ersten Kinobesuch war ich sicher nicht älter als sechs Jahre. Vermutlich war ich jünger, aber weil sechs Jahre auch das Mindestalter für den Besuch einer Vorstellung von „Wish“ sein wird, werde ich diesen Film zusammen mit meinem sechsjährigen Ich besprechen. Und weil „Wish“ wie fast alle Disney-Filme ein Film für alle Altersstufen sein soll und die Mitte zwischen sechs und fünfzig genau achtundzwanzig ist, habe ich auch mein achtundzwanzigjähriges Ich eingeladen.
 
01 ©2023 Disney02 ©2023 Disney03 ©2023 Disney04 ©2023 Disney
 
Knowing What I Know Now
 
Ich mit 6 Jahren: Ich hab den Film gemocht. Nie so sehr wie „Dschungelbuch“, aber doch. „Schneewittchen“ und „Bambi“ haben mir Angst gemacht. Aber „Dschungelbuch“ ist mein Lieblingsfilm. Mogli hat keine Eltern. Aber die Wölfe sind seine Familie. Und die anderen Tiere sind seine Freunde und helfen ihm. Sowas habe ich noch nie gesehen. Und die Lieder waren lustig. „Dschungelbuch“ ist super.
 
Ich mit 28 Jahren: Siehst Du? Sogar der Kleine hat sofort erkannt, dass „Wish“ nichts Neues bietet und nicht das Zeug zum Klassiker hat.
 
Ich mit 50 Jahren: Das hat er überhaupt nicht gesagt.
 
28 Jahre: Weil er keine Ahnung hat. Der kleine Scheißer hat doch noch nichts gesehen. Im Fernsehen liefen 1979 tagsüber kaum Filme in denen nicht Doris Day, Hans Moser oder Heinz Erhardt mitspielen. Und im Kino hat er bisher vielleicht ein halbes Dutzend Filme gesehen. Davon war die Hälfte von Disney und in der anderen Hälfte hat Louis de Funès mitgespielt.
 
6 Jahre: Louis de Funès ist toll! Er ist so lustig. Und er tut immer nur böse, aber am Ende ist er immer nett. Können wir auch einen neuen Film mit Louis de Funès sehen?
 
50 Jahre: Leider nein. Aber weißt Du, im letzten Sommer war ich mit meiner Frau in Saint Tropez und habe das Gebäude der Gendarmerie besucht.
 
6 Jahre: War Louis de Funès auch dort? Hast Du ihn gesehen?
 
50 Jahre: Nein, das war nicht möglich. Louis de Funès ist 1983 leider ... Er ist 1983 leider in Pension gegangen und ist nicht mehr bei der Gendarmerie.
 
28 Jahre: Ach Du Scheiße! Alter, willst Du mich verarschen?
 
50 Jahre: Kannst Du bitte auf Deine Ausdrucksweise achten?
 
28 Jahre: Komm schon, Du und ich, wir beide wissen, was wir mit sechs Jahren schon alles gehört haben. Und gesehen. Und erlebt.
 
50 Jahre: Trotzdem. Sei so nett.
 
28 Jahre: Wieso darf der Hosenscheißer überhaupt mitreden? Ich sage Dir, die Musik von „Wish“ ist überhaupt nix Besonderes. Alles total generisch. Die englischen Stimmen klingen cool. Aber keines der Lieder kommt an die Wirkung von „Circle of Life“ heran. Es war auch keines der Lieder wirklich witzig, wie „I Just Can’t Wait To Be King“ oder „Hakuna Matata“ ...
 
50 Jahre: Ich hatte ganz vergessen, wie sehr Dich „The Lion King“ beeindruckt hat.
 
28 Jahre: OK, Klugscheißer. Keines der Lieder kommt an die Wirkung von „Colors of the Wind“ heran. Sogar das Gedudel von Phil Collins hat besser geklungen. Und kein Lied war wirklich witzig wie „Ich wär gern wie Du“ oder „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ ...
 
6 Jahre (singt): „Probier’s mal mit Gemütlichkeit. Mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst Du den Alltag und die Sorgen weg. Und wenn Du stets gemütlich bist und etwas appetitlich ist ...
 
28 Jahre: Ernsthaft, warum muss das Baby dabei sein? Ich könnte Dir in Ruhe erklären, warum „Wish“ nie ein Klassiker werden wird, so wie zum Beispiel „Basil, der große Mäusedetektiv“.
 
50 Jahre: Tut mir leid. Aber „Basil, der große Mäusedetektiv“ ist heute ungefähr so bekannt wie „Condorman“ oder „Ein Gruß aus Wien“.
 
6 Jahre (sing weiter): ... die Bienen summen in der Luft, erfüllen sie mit Honigduft ...
 
50 Jahre: Ich gebe zu, die Lieder sind nicht die größte Stärke von „Wish“. Julia Michaels und JP Saxe sind sicher zurzeit sehr angesagt. Aber dem Film fehlt tatsächlich ein Song mit echter Power wie „Let It Go“ ...
 
28 Jahre: Let What Go?
 
50 Jahre: ... oder eben wie „Circle of Life“ oder „Colors of the Wind“. Disney-Songs sind eben etwas ganz anderes als gewöhnliche Popsongs.
 
28 Jahre: Haben die Typen bei Disney also irgendeinen gerade angesagten Popstar die Songs schreiben lassen? Das kann doch gar nicht funktionieren.
 
50 Jahre: Du hast aber „Tarzan“ gesehen, oder? Und „The Lion King“ auch?
 
6 Jahre (immer noch singend): ... und pflückst Du gern Beeren und Du piekst Dich dabei ...
 
28 Jahre: Singt der jetzt die ganze Zeit?
 
50 Jahre: Lass den Kleinen doch singen. Du weißt genau, wie gerne wir immer gesungen haben. DU singst auch immer noch. Natürlich nur wenn Du alleine bist, weil Du Angst hast, jemand könnte Dich uncool finden. Seine Stimme klingt wenigstens nett.
 
28 Jahre: Ok, lassen wir die Musik beiseite. Was sollen diese Hintergründe in „Wish“, die ein bisschen aber nicht wirklich wie von Hand mit Wasserfarben gemalt aussehen? Im Zeitalter der Computeranimation? Hallo?!
 
50 Jahre: Ich finde den Effekt ganz nett. Das verleiht dem Film einen eigenen Look.
 
28 Jahre: Den braucht der Film auch. Die Figuren sehen total austauschbar aus.
 
50 Jahre: Vielleicht nicht „total austauschbar“ ...
 
28 Jahre: Doch! Der König erinnert mich an irgendeine ganz andere Figur. Nicht von Disney. Ich komm‘ bloß nicht drauf ...
 
50 Jahre: Weil „Dr. Strange“ vor zweiundzwanzig Jahren noch nicht so bekannt war wie heute. Und noch nicht von Disney. Aber ich weiß was Du meinst. Die Freunde der Heldin haben irgendwie an zwei Drittel der sieben Zwerge erinnert. Nicht visuell, aber die Charaktere erinnern stark an einige der Zwerge.
 
28 Jahre: Die Nebenfiguren waren total einfallslos geschrieben. Reine Handlungselemente. Wieso konnte die Ziege plötzlich reden, wenn sie während des ganzen Films keine zwei witzigen Zeilen hatte? Doch bloß um Spielzeug zu verkaufen!
 
50 Jahre: Ich kann mich noch erinnern, dass ich mit 28 ein Zyniker war. Aber dass ich so schlimm war ...
 
28 Jahre: Ach, hör mir auf! Die Ziege dient bloß als Vorlage für ein paar Millionen Stofftiere. Und um noch mehr Dialog in den Film packen zu können. Das gesamte erste Viertel des Films ist nur gesprochene und gesungene Exposition. Und auch im Rest des Films wird viel zu viel erklärt.
 
50 Jahre: Da muss ich leider zustimmen. Es wird nur wenig Geschehen wirklich gezeigt. Das meiste wird besprochen. Damit liefert der Film nur wenig wirklich „Sehenswertes“. Szenen, die visuell beeindrucken und gleichzeitig die Handlung vorantreiben, wie die Eröffnungssequenz oder die Stampede in „The Lion King“ fehlen in „Wish“ leider ...
 
28 Jahre: Mehr als dreißig Jahre später und „The Lion King“ beeindruckt Dich noch immer!
 
50 Jahre: Ein Klassiker, Du hast Recht.
 
28 Jahre: Und der Film hatte damals einen überzeugenden, nachvollziehbaren Bösewicht. Was haben wir bei „Wish“? Einen König, der erst ein Paradies gründet und dann plötzlich paranoid wird ...
 
50 Jahre: Ich glaube nicht, dass der König „plötzlich“ paranoid wird. Vermutlich hatte er immer schon Angst. Diese Angst war die Motivation für die Gründung des Königreiches. Der König hat sich dieser Angst aber nie gestellt. Wenn man älter wird, muss man sich irgendwann mit seinen Ängsten und Motivationen auseinandersetzen.
 
28 Jahre: ... (verständnisloser Blick)
 
50 Jahre: Zurück zum Film. Die Angst des Königs wurde im Laufe der Jahre immer schlimmer und er hat sich ihr nie gestellt. Und als dann jemand sein Handeln infrage gestellt hat ...
 
28 Jahre: Was sollte eigentlich der Mist mit der zerrissenen Flagge? Die wird zweimal gezeigt, der König schreit, irgendwas mit der Flagge darf nie wieder passieren und dann kommt danach genau gar nichts? Und was soll das Gequatsche über den toten Vater, wenn es nichts zur Handlung beiträgt? Haben die Drehbuchautoren irgendwann den Faden verloren?
 
50 Jahre: Mhm, ... die Autorin Jennifer Lee hat an dem Drehbuch zu „Ralph reichts“ mitgeschrieben. Das war einer der besseren Disney-Filme der letzten Jahre. Allerdings hat sie auch an „Das Zeiträtsel“ mitgeschrieben. Und der Film hat mehr schlecht als recht funktioniert. Ich fürchte die Vorgeschichten rund um die Flagge und Ashas Vater werden erst in der Fortsetzung relevant werden ...
 
28 Jahre: Wer sieht sich die Fortsetzungen zu Disney-Filmen an? Die werden doch ohnehin bloß direkt auf VHS veröffentlicht und sind nur was für kleine Kinder ...
 
50 Jahre: Wow! In den letzten zweiundzwanzig Jahren hat sich wirklich viel verändert!
 
6 Jahre: Ich hab Euch die ganze Zeit zugehört. Ihr beide redet und redet die ganze Zeit. Ich mag den Film. Ich mag, wie man sieht, dass Wünsche nicht immer erfüllt werden müssen. Auch ein Wunsch der nicht erfüllt wird, ist ein Teil des Menschen und darf ihm nicht weggenommen werden. Wünsche zu haben ist schön. Auch wenn sie nicht in Erfüllung gehen.
 
28 Jahre: OK, da hat das Baby recht. Das war nicht schlecht. Und ich mochte, dass die Heldin nicht auch noch eine Liebesgeschichte am Laufen hatte. Das war wohl das erste Mal so in einem Disney-Film.
 
6 Jahre: Als die Leute am Schluss gesungen haben, war das auch schön. Ich hab geweint. Und nicht weil ich ein Baby bin. Sondern weil das schön war. Und das macht den Film schön.
 
50 Jahre: Ich habe am Schluss auch geweint. Und Du hast Recht, die Szene war sehr schön. Und sie macht den ganzen Film schön.
 
28 Jahre: ...
 
50 Jahre: Willst Du auch etwas dazu sagen?
 
28 Jahre: OK, ... ich hab auch geweint.
 
6 Jahre: Ja, weil Du ein Baby bist!
 
50 Jahre (lacht): Komm wir singen miteinander.
 
6 Jahre und 50 Jahre gemeinsam: Probier's mal mit Gemütlichkeit! Mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst du den Alltag und die Sorgen weg ...
 
50 Jahre: Komm, sing mit!
 
6 Jahre: Ja, sing mit! Du Baby!
 
28 Jahre: ... (zuckt die Schultern und singt mit)
 
Alle zusammen: Und wenn du stets gemütlich bist und etwas appetitlich ist, dann nimm es dir egal von welchem Fleck ...
 
Fazit
 
„Wish“ hat leider nicht viel Neues zu bieten und wird von den verschiedenen Altersstufen sicher unterschiedlich aufgenommen werden. Ein Klassiker, wie „Das Dschungelbuch“ oder „The Lion King“ wird „Wish“ wohl nicht werden. Hochwertige Unterhaltung bekommen trotzdem alle Filmfans geboten. Egal wie alt sie sind.
 
 
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